Der Wetterhahn gab den Namen

"Gickelswirt" - Schon Schinderhannes soll im Gasthaus in Wersau gerastet haben
Adam Hessdörfer kocht hier schon seit 1987

Es gibt sie noch, die alteingesessene Gastwirtschaft. Auch wenn immer mehr Wirtsleute aufgeben, sich zur Ruhe setzen oder ihr Gasthaus meist ausländischen Gastronomen überlassen, die das Angebot auf ihre Weise bereichern.
Kein Grund zur Klage, aber allemal Anlass, Wirtsleute vom alten Schlag, damit ein Stück Kultur, als Dokument festzuhalten.

Glaubt man mündlichen Überlieferungen, soll schon der Schinderhannes im Odenwalddörfchen Wersau gerastet haben und beim "Gickelswirt" eingekehrt sein. Verbrieft ist dies natürlich nicht. Dass aber bereits vor 150 Jahren im Anwesen mit dem Wetterhahn auf dem Dach (er gab nicht nur dem Gasthaus, sondern auch der Gickelsgasse den Namen) Gäste bewirtet wurden, ist dokumentiert. Schon 1854 wird der "Gickelswirt" in Aufzeichnungen erwähnt, vermutlich wurde hier schon davor eine Gastwirtschaft betrieben.

Die Liste der Wirte lässt sich bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts nachvollziehen. 1861 wird Andreas Made als Bäcker und Wirt genannt, der dem Betrieb 1870 eine Branntwein-Brennerei angliederte. Eine Urkunde bescheinigt: Zäpfer und Brenner bis 50 Ohm (ein Ohm sind 160 Liter).

Im Jahr 1882 erwarb der aus Sprachbrücken gekommene Landwirt Gerog Illert das Anwesen, später führte dessen Sohn Heinrich die Gastwirtschaft weiter.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Wilhelm Göttmann, der eine Illert-Tochter geheiratet hatte, Gickelswirt. Sohn Helmut brachte dann neuen Schwung in den Betrieb, errichtete mit Ehefrau Annelie hinter dem alten Anwesen einen modernen Neubau.
Heute wird der Betrieb von Adam Hessdörfer geführt.

"Ich habe seit 1987 für Annelie Göttmann als Koch gearbeitet. Da lag es nahe, den Betrieb zu pachten, als diese 1992 nicht mehr weitermachen wollte", erzählt Adam Hessdörfer. Er übernahm damit ein Haus, das in zwei Gasträumen Platz für die Gäste bietet. Dazu kommen ein großer Biergarten im Grünen, zwei Bundeskegelbahnen und fünf Fremdenzimmer.

"Hier wurden schon Hochzeiten gefeiert, da flogen abends um elf die Rinde", sat der Wirt schmunzelnd. "Hin und wieder muss man schon mal den Vermittler spielen."

Wenn der Chef des Hauses Küchenmeister ist, liegt das Schwergewicht eines gastronomischen Betriebes natürlich auf dem Essen. "Wir bieten reginoale Küche", sagt Hessdörfer schon fast zu bescheiden. Denn die Speisenkarte beim "Gickelswirt" brauch keinen Vergleich zu scheuen.
Dazu kommen noch Spzialitätenwochen.

Dass man beim "Gickelswirt" gut und reichlich essen kann, hat sich längst herumgesprochen. Die Gäste kommen vorwiegend aus dem Rein-Main Gebiet. Vor allem an den Wochenenden hat Hessdörfer in der Küche alle Hände voll zu tun.

Die Gästeräume, in denen Rauputz und dunkles Holz dominieren, in denen aber auch "Gickelsbilder" nicht fehlen, locken nicht nur Wochenendtouristen, sondern auch Wersauer.

Die Ringer, die Handballer und Tischtennisspieler haben das Haus zum Vereinslokal erkoren, und der mittlerweile wohl bekannteste Stammgast ist der Rennfahrer Timo Glock. Er kehrt hier gerne ein, wenn die Formel 1 ihm Zeit dafür lässt.


Quelle: Odenwälder Echo - Von Dieter Schieck und Karl-Heinz Bärtl